Sachverhalt
Der Angeklagte lagerte im März 2022 in seiner Wohnung 542 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 91,19 Gramm THC, um es gewinnbringend zu verkaufen. In der Nähe befanden sich ein Baseballschläger und im Schreibtisch ein Waffenkoffer mit einer einsatzbereiten Schreckschusspistole sowie Munition.
Urteil des Landgerichts Heilbronn
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung. Es ging jedoch davon aus, dass durch das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) die Grenze für eine „nicht geringe Menge“ THC neu zu bewerten sei: Da Besitz bis 25 g nun erlaubt ist, legte das Gericht die Grenze auf 75 g THC fest (das Zehnfache). Da der Angeklagte diesen Wert mit 91,19 g nur leicht überschritten habe, sei ein minder schwerer Fall nach § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG anzunehmen.
Revision der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft rügte die Neubewertung des THC-Grenzwerts, die Annahme eines minder schweren Falls sowie die Strafzumessung. Der Generalbundesanwalt unterstützte das Rechtsmittel.
Entscheidung des BGH
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob mit Beschluss vom 19. März 2025 (Az. 1 StR 464/24) den Strafausspruch eines Urteils des Landgerichts Heilbronn auf und stellte klar:
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Die Grenze für eine „nicht geringe Menge“ THC bleibt bei 7,5 g.
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Das KCanG enthält keine Regelung zur Anpassung dieser Grenze.
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Der neue gesetzliche Besitzfreibetrag (bis 25 g) hat keinen Einfluss auf Strafbarkeitsgrenzen beim Handeltreiben.
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Die bisherige Schwelle beruht auf toxikologischen Erkenntnissen und wurde von der Rechtsprechung entwickelt – nicht vom Gesetzgeber.
Da im vorliegenden Fall die Grenze um mehr als das Zwölffache überschritten wurde, scheidet ein minder schwerer Fall aus. Zudem bewertete das Landgericht die Nähe der Waffen verharmlosend und ließ doppelte Strafmilderungen zu – beides rechtsfehlerhaft.
Folgen
Die Schuldfeststellungen bleiben bestehen, da sie von den Fehlern unberührt sind. Der Strafausspruch wird jedoch aufgehoben und zur neuen Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Heilbronn zurückverwiesen.
Bedeutung
Die Entscheidung stellt klar: Das KCanG ändert nichts an der bisherigen Strafbarkeit schwerer Drogendelikte. Die Gerichte dürfen keine neuen THC-Schwellenwerte festlegen, solange der Gesetzgeber sie nicht ausdrücklich vorgibt. Trotz der teilweisen Legalisierung von Cannabis bleibt das Handeltreiben mit großen Mengen, insbesondere unter Waffenbesitz, ein besonders schweres Delikt.
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