Das Amtsgericht (AG) Aschersleben hat in einem aktuellen Urteil die „nicht geringe Menge“ des Cannabis-Wirkstoffs THC auf 37,5 Gramm festgelegt, was 30 Gramm mehr sind als der bisherige Grenzwert von 7,5 Gramm, den der Bundesgerichtshof (BGH) im April trotz der neuen Cannabis-Gesetzgebung beibehalten hatte. Der BGH entschied damals, dass die liberalere Haltung des Gesetzgebers zur Risikobewertung von Cannabis die seit 1984 geltende Grenze von 7,5 Gramm THC nicht ändern sollte. Dies sorgte für Unverständnis bei Drogenpolitikern der Ampel-Koalition und einigen Juristen, die bemängelten, dass der BGH die Intention des Gesetzgebers ignoriert habe.
In seiner Entscheidung betont das AG Aschersleben, dass die Risikobewertung von Cannabis sich geändert habe und die Grenze für eine „nicht geringe Menge“ daher auf 37,5 Gramm THC erhöht werden müsse. Dabei beruft sich das Gericht auf die Gesetzesbegründung des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG), in der klargestellt wird, dass Gerichte aufgrund der geänderten Risikobewertung eine neue Grenze festlegen sollen, die deutlich über der bisherigen liegen soll. Das AG argumentiert, dass Gerichte an den gesetzgeberischen Willen gebunden sind und das Prinzip der Gewaltenteilung verpflichtet seien, die Intention des Gesetzgebers zu berücksichtigen.
Ferner kritisiert das AG Aschersleben, dass der BGH auf eine Risikobewertung aus den 1980er-Jahren abstelle, obwohl sich der gesellschaftliche und politische Umgang mit Cannabis seitdem gewandelt habe. Laut dem AG sei die aktuelle Risikobewertung nicht nur wissenschaftlich, sondern auch gesellschaftlich und politisch zu betrachten, wobei die neue Gesetzgebung diese Entwicklung widerspiegle. Ein Vergleich mit der Risikobewertung von Alkohol zeigt laut dem AG die Absurdität der strikten BGH-Auslegung, da Alkoholkonsum angesichts der Schäden im Verkehr und in Gewaltkontexten sonst ebenfalls strenger reguliert werden müsste.
Das Urteil des Amtsgerichts ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft Magdeburg Revision eingelegt hat. (Urt. v. 24.09.2024, Az. 2 Ds 69/24)
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