Das selbstständige Einziehungsverfahren setzt über §§ 435 Abs. 3, 203 StPO voraus, dass das Gericht durch eine Willenserklärung deutlich macht, ob es den Antrag auf Durchführung des (selbstständigen) Einziehungsverfahrens zulässt.
Ohne den Beschwerdeführer oder seinem Verteidiger diesen Antrag zu übersenden, erließ das Amtsgericht Iserlohn am 22.04.2024 einen Beschluss, in dem zum einen das Verfahren nach § 206b StPO eingestellt wurde und zum anderen die bei dem Beschwerdeführer sowie pp. sichergestellten 19,05 Gramm (netto) Marihuana nebst Verpackungsmaterial eingezogen wurden. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses sowie seiner Begründung wird auf BI. 72 – 72 R d.A. verwiesen.
Die gemäß §§ 436 Abs. 2, 434 Abs. 2 StPO in Verbindung mit §§ 304, 311 StPO zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.
1. Das Verfahren leidet bereits an einem nicht mehr behebbaren Verfahrenshindernis. Denn das Amtsgericht Iserlohn hat entgegen §§ 435 Abs. 3, 203 StPO im selbstständigen Einziehungsverfahren durch Beschluss entschieden, ohne zuvor über die Eröffnung des Einziehungsverfahrens zu entscheiden und eine förmliche Beteiligung des Beschwerdeführers herbeizuführen. Das selbstständige Einziehungsverfahren setzt über §§ 435 Abs. 3, 203 StPO voraus, dass das Gericht durch eine Willenserklärung deutlich macht, ob es den Antrag auf Durchführung des (selbstständigen) Einziehungsverfahrens zulässt (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 01.11.2021 – 4 Ws 80/21, 4 Ws 80/21 – 161 AR 186/21, Rn. 3 ff, juris; OLG Oldenburg, Be-schluss vom 10.08.2020 -1 Ws 265/20, Rn. 9 ff., juris). Dies ist vorliegend unterblieben.
Das Amtsgericht hat lediglich die ursprüngliche Anklageschrift, in der die Betäubungsmittel nur abstrakt als Einziehungsgegenstand benannt wurden, eröffnet, nicht hingegen das später sei-tens der Staatsanwaltschaft beantragte selbstständige Einziehungsverfahren. Es existiert auch keine konkludente Eröffnungsentscheidung, vielmehr hat das Amtsgericht ohne weiteren Ver-fahrensschritt nach Eingang des Antrags der Staatsanwaltschaft entschieden. Abgesehen von der Tatsache, dass das Verfahren somit bereits unter einem erheblichen Verfahrensfehler lei-det, wurde dem Beschwerdeführer hierdurch jegliches rechtliche Gehör verwehrt.
Der Verzicht auf eine Eröffnungsentscheidung ist nur in engen Grenzen möglich, nämlich dann, wenn das Gericht durch Urteil eine Entscheidung ausspricht und hierin eine selbstständige Ein-ziehungsentscheidung vornimmt, da in diesen Fällen das subjektive Strafverfahren auch objek-tiv wirkt und die Vorschriften für das selbstständige Einziehungsverfahren insoweit keine An-wendung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 23.05.2023 – GSSt 1/23, Rn. 29, juris). Wird aller-dings – wie im vorliegenden Fall -die Hauptverhandlung ausgesetzt und gerade keine Entschei-dung durch Urteil getroffen, ist es dem Amtsgericht verwehrt, ohne Berücksichtigung der straf-prozessualen Voraussetzungen in das selbstständige Einziehungsverfahren zu wechseln und unmittelbar zu entscheiden (vgl. Gaede in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 435 StPO, Rn. 61).
Durch die erfolgte Einziehungsentscheidung des Amtsgerichts Iserlohn ist ein nicht mehr be-hebbares Verfahrenshindernis eingetreten. Die Kammer kann weder die Eröffnungsentscheidung nachholen noch die Sache insoweit zurückverweisen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 01.11.2021 – 4 Ws 80/21, 4 Ws 80/21 – 161 AR 186/21, Rn. 6, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 08.02.2019 – 1 Ws 165/1, Rn. 4, juris).
LG Hagen, Beschl. v. 21.05.2024 – 49 Qs 18/24, Burhoff, Newsletter, 14/24
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